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Fidschi (1)

Dem regelmäßigen Besucher unserer Homepage ist sicher aufgefallen, dass es seit Weihnachten keine neuen News hier gab. Das lag nicht an einem Anfall von Einfallslosigkeit des Autors, sondern an den Vorbereitungen und der Realisierung seiner Reise nach Fidschi (4.2. – 11.3.2023). Anlass war die Einladung des Provinzials der Pazifischen Provinz, dort über das zu sprechen, was meine Arbeit hier in München bei STEPS ausmacht: die Arbeit an den unbewussten Gottesbildern mit biographiebasierter geistlicher Begleitung.

Was sich hier im Rahmen einer persönlichen Entwicklung und Reifung für junge Menschen als hilfreich erweist, bekommt in einem Land wie Fidschi eine zusätzliche gesellschaftliche Relevanz. Fidschis Weg zur Demokratie steht erst am Anfang. Der letzte Bürgerkrieg liegt noch keine 20 Jahre zurück. In ihm ging es darum, die alten Traditionen und Machtverhältnisse von Seiten der indigenen Fidschianern zu sichern. Das Ziel war, die indischstämmige Bevölkerung, immerhin um die 45%, von jeder politischen Macht auszuschließen. Erst seit kurzem gibt es die erste Koalitionsregierung aus indigenen und Indo-Fidschianern.

Was ich in der Arbeit mit den jungen Leuten und den Gesprächen mit den Älteren erlebte, erinnerte mich stark an die Vor-68er-Zeit in Deutschland: eine noch stark hierarchisch strukturierte Gesellschaft auf der einen Seite (geprägt von den alten Stammesregeln und Familienstrukturen = eine Familie kann da schon mal 1000 Personen haben, weil auf einer Insel jeder mit jedem verwandt ist), aus denen es ganz schwer auszubrechen ist und wenn nur um einen hohen Preis, z.B. den dauerhafter Ablehnung. Auf der anderen Seite junge Menschen, die natürlich über die sozialen Medien eine andere Welt kennenlernen und damit auch eine Freiheit, die es erlaubt, das eigene Leben selbst zu gestalten, die aber in den alten Strukturen gefangen sind, was sie innerlich zerreißt.

Da bekommt die Arbeit an unbewussten Gottesbildern, in denen es ja gerade darum geht, unter den lebensgeschichtlich bedingten neg. Gottesbildern den lebensspendenden, befreienden und liebenden Gott Jesu Christi freizuschaufeln, gesellschaftliche Sprengkraft: Ein Gott, der sich inkarniert, auf die gleiche Ebene mit den Menschen kommt und so alle oben-unten-Systeme in Frage stellt. Ein Gott, der den Menschen deutlich macht, dass sie alle seine Söhne und Töchter sind, keiner mehr und keiner weniger und der damit alle menschlich gemachten hierarchischen Strukturen in Frage stellt.

 

 

Die Kirche im Chevalier Training Center

Natürlich spiegelt sich diese Diskrepanz auch in der Kirche wider, auch in unserer dortigen Ordensprovinz unter den Mitbrüdern. Wie es bei einem Wandlungsprozess zu erwarten ist, beim einen mehr, beim anderen weniger. Oft macht eben der Ton die Musik – und zeigt Realitäten auf.

Unter diesen Gesichtspunkten war es besonders spannend für mich zu erleben, wo und wie die Botschaft aufgenommen wurde. Nach dem Gesagten nicht verwunderlich, rannte sie bei den jungen Menschen im Orden (Noviziat und Pränoviziat) offene Türen ein, auch bei den Studenten, die im Pazifischen Regionalen Seminar in Suva ausgebildet werden (da studieren und leben die Priesteramtskandidaten praktisch aller pazifischen Inseln, aus Diözesen und Ordensgemeinschaften). Ebenso beim Lehrkörper, der sich nahezu ausschließlich aus Ordensleuten zusammensetzt, mit P. Simon MSC als Direktor des Hauses. Da atmet schon eine neue Luft, die ganz besonders Wert legt auf die menschliche Entwicklung der Kandidaten, die letztlich immer mit einer Befreiung aus alten Strukturen einhergeht. Auch wenn das reale eigene Verhalten doch noch einiges vom alten oben-unten zeigt. Der Ton, der die Musik macht, eben. Aber der Wille zur Veränderung ist da.

P. Vito bei der Aufnahme der Pränovizen (5 an der Zahl)

Den gibt es auch bei unseren MSC-Mitbrüdern, aber genauso stark ist in der Gemeinschaft die alte Prägung. Am besten schildert das ein Erlebnis des jetzigen Provinzials, P. Vito MSC, nach einer Messe auf seiner Heimatinsel. P. Vito war ca. 10 Jahre in Rom zum Studium und anderen Aufgaben. In einer Predigt zuhause sprach er die hierarchische Thematik an, um sich dann hinterher sagen lassen zu müssen, dass er nicht mehr zu ihnen gehöre, weil er denke wie ein weißer Mann. Für andere, v.a. die Jungen, ist er ein Hoffnungsträger.

 

Die Novizen und ihr Novizenmeister: Rataro, Vincent, Kourabi, Iejera und P. Kris

 

Das Fazit dieser Reise: Der Same zur Freiheit der Kinder Gottes ist Gott sei Dank schon gelegt. Ich denke auch, dass er in diesen Wochen etwas gegossen und ermutigt wurde weiterzuwachsen. Es wird zumindest mit den Novizen und Pränovizen über die sozialen Medien weitergehen, um bei auftretenden Hindernissen auf dem Weg hilfreich zu sein. Es ist eine gute Truppe mit starkem Zusammenhalt, das macht Hoffnung. Aber die Steine, die sie bewegen müssen, sind mächtig. Vielleicht meinte Jesus das ja, als er vom Berge versetzen sprach. Dann ist es gut ihren Glauben weiter zu stärken und von den alten negativen Beimengungen zu befreien. Denn nichts weniger steht an: Berge versetzen.

P.s.: Weitere Eindrücke in zeitlichen Abständen auf der Homepage der Provinz

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