Seligsprechung der Märtyrer von Quiché/Guatemala (Teil 1/3)

In der katholischen Kirche gibt es die schöne alte Tradition, sich mit einem Triduum auf besondere Feste vorzubereiten, d.h. sich mit drei Tagen Gebet, mit drei konzentrierten Schritten auf das Fest vorzubereiten. Am

21.4.2021

werden drei Herz-Jesu-Missionare und sieben ihrer Mitarbeiter in den Pfarreien der Diözese Quiché/Guatemala von Papst Franziskus seliggesprochen. Mit drei Artikeln möchte ich Sie gerne im Abstand von 4 Wochen auf den Weg dahin mit einladen – zum Mitbeten und Mitfeiern, aber auch zum besseren verstehen, warum es Märtyrer gibt und es ohne sie vielleicht nicht geht.  Insbesondere aber auch zum Gebet und Mitfühlen mit den Menschen in Guatemala, deren Lebenssituation mit dem Wort prekär auch heute noch eher euphemistisch ausgedrückt ist. Heute:

Teil 1: Die politische Situation in Guatemala in der 2. Hälfte des 20. Jhdts.

Ursprünglich lebten Nachfahren der Mayas, das Volk der Ixil, im heutigen Guatemala ohne viel Kontakt aber friedlich mit anderen Völkern zusammen. Das änderte sich mit dem Einfall der Spanier um 1521 diametral, da sie von den neuen Machthabern und den mit ihnen gekommenen europäischen Siedlern unterdrückt, versklavt und viele von ihnen ermordet wurden. Diese Rolle blieb ihnen bis weit ins 20. Jdht. zugeteilt. Weder die Unabhängigkeitserklärung 1837 noch die ständig wechselnden politischen Strukturen (Diktatoren und Militärregime, egal ob „links“ oder „rechts“ gerichtet, kurzzeitige demokratische Phasen) änderten ihr Schicksal.

Auch im 30-jährigen Bürgerkrieg zwischen den „rechts“ gerichteten Militärdiktaturen und „links“ gerichteten Guerilleros, dem Großgrundbesitz und den Kleinbauern, reich gegen arm und arm gegen reich (bis 1996) mit über 200 000 Toten kam der größte Teil der Opfer aus der Urbevölkerung, die überwiegend im Gebiet der Diözese Quiché lebte und lebt.

Eine von der UNO eingerichtete Wahrheitskommission CEH (Kommission zur Aufklärung der Geschichte) stellte in ihrem Abschlussbericht 1999 fest, dass 83 % der Opfer des Bürgerkrieges Indigene (davon die meisten Mayanachfahren) waren und dass 93 % der Gräueltaten von der Armee, drei Prozent von den Rebellen und vier Prozent von weiteren (paramilitärischen) Gruppen begangen wurden.

In eine eher instabile Zeit mit rivalisierenden Generälen unter der Regierung von Fernando Romeo Lucas García, 1978-1982, fallen neun der 10 Morde an den Mitbrüdern und ihren Mitarbeitern, einer wurde 1991 getötet. Der Grund: In der Folge des 2. Vatikanums und der von ihm ausgehenden Rückbesinnung auf die biblische Option für die Armen, hatten sich größere Teile der Kirche von Guatemala, die lange die Militärs unterstützt hatte, den Armen zugewandt und setzten sich für deren Menschenrechte ein. Das genügte, um ein „Kommunist“ zu sein und damit Freiwild. Eine Bibel in der Hand reichte aus, jede religiöse Versammlung war verdächtig. Wer zu sterben hatte entschieden die Mächtigen – die mit den Waffen. Ausgestattet mit der nötigen Selbstherrlichkeit in Bezug auf die Einschätzung von Gut und Böse und mit einer unmenschlichen Brutalität.

Was bleibt außer Sprachlosigkeit angesichts der Greuel?

Neben der Verzweiflung eine große Hoffnung:

Weil die Botschaft der Bibel offenbar selbst im Unmenschlichsten noch Sprengkraft hat (warum müsste sie im Denken der Machtmissbraucher sonst verfolgt werden) und weil es Menschen gibt, die auch in solchen Umständen nicht aufgeben, sie zu verkünden, mit Leib und Leben.

Und eine Erkenntnis:

„Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen“ aus dem Magnificat wird wahr – aber man kann selbst beim größten persönlichen eigenen Einsatz nicht erwarten, dass man es noch zu eigenen Lebzeiten erlebt. Das zeichnet den Märtyrer aus: er stirbt für andere. Und deren Zukunft.

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