Herz-Jesu Charisma und Spiritualität

Charisma und Spiritualität stehen zueinander wie Quelle und Wasser, das aus dieser fließt. Die Quelle bleibt gleich, das Wasser sucht sich viele verschiedene Wege. Das Charisma des Stifters sollte für immer Grundlage jeder Ordensgemeinschaft bleiben, die Wege, es konkret auszudrücken, können, ja müssen sich ändern, um adäquat auf die Nöte der Zeit antworten zu können. So gibt es viele Gemeinschaften, die sich am Herzen Jesu orientieren oder ihm geweiht sind. Die meisten haben daraus spezifische Aufgaben entwickelt, in denen sie einem Teilaspekt des Lebens Jesu folgen: für die Jugend, für Menschen in Not, Predigtverkündigung uvm..

Das Spezifische der Herz-Jesu-Missionare ist, dass sie das gerade nicht haben. Ihre Aufgabe, ihr Charisma ist es, „Herz Gottes auf Erden zu sein“. Nicht mehr und nicht weniger. Dabei „ist es nicht wichtig, was wir tun, sondern wie wir es tun“ (P. Chevalier). Für P. Chevalier war die Liebe des menschlichen Jesus, die bis in den Tod ans Kreuz geht und damit die große Liebe des Vaters zeigt, das einzige Heilmittel für die Menschen und damit auch für die Gesellschaft. Ein Antidot gegen das Gift, das die Herzen der Menschen schleichend vergiftet hatte und das sich für ihn vor allem im Egoismus und der Gleichgültigkeit gegenüber Gott und untereinander ausdrückte. Heute würde man vielleicht eher von den verletzten Herzen sprechen, die sich verschlossen haben, aber das Ergebnis ist das gleiche. Das ist und bleibt unser Charisma.
Es ermöglicht aber, wie beim Wasser aus der Quelle, viele verschiedene Wege, auf denen der gleiche Geist wirken und verbreitet werden kann.

Wie soll dieser Geist sein?

Familiär und brüderlich, gütig und barmherzig, verständnisvoll und mitfühlend, gastfreundlich, zur Verzeihung bereit, respektvoll und rücksichtsvoll, sich betreffen lassend von der Not der Menschen und sich ihnen zärtlich zuwendend, angstfrei, weil Angst das Wachsen (auch im Glauben) behindert, mit einer Bereitschaft zum Dienen, aufrichtig, freundlich, demütig und einfach, mit Liebe zur Gerechtigkeit, annehmend und wertschätzend, ermutigend, auch herausfordernd zu Förderung und Wachstum, mit lächelndem Humor, heilend – und nicht „lieb“, sondern liebend

Wozu soll er führen? (Spiritualität)

Letztlich ist die zentrale Aufgabe der MSC, die Liebe des Herzens Jesu in das Herz aller Menschen zu bringen, v.a. zu den Opfern von Ungerechtigkeit und Gewalt, indem „wir ihr Leid teilen, uns aber immer auch entschlossenen einsetzen für ihre Rechte und so eine Antwort geben auf die Übel unserer Zeit“ (Konst.). Das Herz-Jesu sendet uns aber auch zu den Unterdrückern, um deren Herzen zu wandeln und so zu einer Veränderung der Verhältnisse beizutragen – immer im Bewusstsein, dass auch sie Kinder Gottes sind.

Konkret kann das ganz viel bedeuten: Neue Kirchen aufbauen; Kirchen in Not helfen; Räume schaffen, in denen sich auch Menschen, die Gott fernstehen, eingeladen und gut aufgenommen fühlen können; Hilfen in sozialer, seelischer oder geistlicher Not; Projekte für sauberes Wasser; Radiostationen für die Verkündigung; Rehabilitation für Drogenkranke; Jugendhilfe; Exerzitienarbeit und und und…. . All diese Aufgaben „müssen aber Raum lassen für das Leben miteinander, vor allem für die Feier gemeinsamer Feste“ (Konst.). Und vor allem für den Humor, der uns auszeichnen soll und der auch in unseren Konstitutionen steht. Soweit bekannt, ziemlich einzigartig in den Ordensregeln dieser Welt.

Der Auftrag, Herz Gottes auf Erden zu sein und die anspruchsvollen Vorgaben, wie der Geist der MSCs sein soll, machen schon deutlich, dass es nicht um etwas geht, was jeder schon haben oder sein muss, der sich uns anschließen will, sondern dass dies selbst nach einem langen Weg nur gebrochen möglich sein wird. Das ist kein Problem, das ist menschlich. Aber unser Gründer fordert uns auf, nicht aufzuhören im Bemühen, uns dahin verwandeln zu lassen: nicht das „Was“, sondern das „Wie“ wir sind! Man kann das einfach Entwicklung und Heilung nennen.

Es ist offensichtlich, dass dies eine hohe Frustrationstoleranz mit sich und den Mitbrüdern erfordert, auch mit der Gemeinschaft als Ganzer und ihren je unterschiedlichen Wegen oder Stillständen. Auch das ist Nachfolge, sollte aber nicht im Zentrum stehen müssen! Selbst Jesus ist manchmal an seinen Jüngern verzweifelt, obwohl er keine so hohen Erwartungen an sie hatte. Er fordert uns nur heraus, in allem, was wir tun und sind, immer nahe an seinem und am Herzen des Vaters zu bleiben. Hörend, bittend, dankbar – und dort vielleicht den lächelnden Humor Gottes kennenzulernen, den er braucht, wenn wir uns mal wieder vergaloppieren.