Frt. Domenico Rosa MSC, *1979 in Italien
Italienische Provinz
“Ich war im Gefängnis und ihr habt mich besucht.” (Mt 25,36)
Als Praktikum gegen Ende meines Noviziatsjahres in Irland verbrachte ich zusammen mit meinem Mitnovizen Jaime Rosique drei Wochen im Cloverhill Gefängnis in Dublin, eine starke Erfahrung für mich.
Mein Einstieg war nicht gerade berauschend. Es war für mich am Anfang fast wie in einem Zoo – nur eben mit Menschen. Aber es wirkt eben nur so. Durch die Geräusche und die dicke Zigarettenluft hindurch war das menschliche Leid zu spüren, dass sich hier versammelt hatte, besser hier versammelt wurde. Selbst mit der Aussicht, am Abend einfach gehen zu können, dachte ich anfangs, ich würde da drin verrückt werden. Es waren die Gefangenen, die das für mich änderten – durch ihre Offenheit und ihr Vertrauen, das sie mir, ohne mich zu kennen, von Anfang an entgegenbrachten. Vielleicht auch manchmal einfach aus der Not geboren. Es war, wie wenn in ihre Gesichter, die von den harten Zeiten auf der Straße erzählten, in ihre leblosen, traurigen Augen Leben zurückkehrte, wenn sie anhielten, um ein paar Worte mit uns zu wechseln.
Einer der Gefangenen, Kevin, wurde zu einer bleibenden Erinnerung. Uns verband die Lust am Schreiben und Lesen. Mich mitten im Gefängnis mit jemandem über die modernen amerikanischen Schriftsteller unterhalten zu können, hätte ich vorher nicht vermutet. Mit einem, der dann noch – in unserer Situation dort hochironisch – Charles Bukowski zitierte: „Menschen sind die lustigste Show in der Welt – und man muss nicht einmal eine Eintrittskarte dafür lösen. ” – Mitten im „Zoo“!
Er gab mir eine Erkenntnis zurück, die man im Gefängnis mitunter schnell vergisst: dass jeder zuallererst ein Mensch ist und bleibt, auch wenn er kriminell wurde. Kevin schrieb und las aus zwei Gründen: aus Interesse am Menschen und um dort, wo man so leicht verrückt werden kann, gesund zu bleiben. Offenbar hat es geholfen. Seine Bitte, ihm eine Bibel mitzubringen erfüllte ich ihm gerne. Es ist das spannendste Buch über Menschen – und das heilsamste.
Frt. Domenico setzt aktuell seine Studien in Philosophie und Theologie in Rom fort und gehört zur Gemeinschaft in Lungotevere, die die dortige Pfarrei betreut. Warum er sich so gut mit Literatur auskennt? Er hat das studiert und vor seinem Eintritt bei den MSC als Journalist gearbeitet. Was er mindestens genauso gut kann: Fußballspielen, nicht nur beim Tischfußball, nein, so richtig auf dem Rasen. Am liebsten auf Englischem. Und mit allen technischen Finessen! Mehr brasilianisch als Catenaccio.