
Auch eine uralte Wallfahrt wie Maria Kirchental muss einerseits den Zeiten trotzen, andererseits mit der Zeit gehen. Das erste erfordert – gerade in einem klimatisch so extremen Hochtal – praktisch durchgängig mehr oder weniger große Baumaßnahmen. Eine erste einschneidende Innenrenovierung der Kirche erfolgte in den Jahren 1958/59 noch unter P. Wimmer. Unter P. Toni Ringseisen MSC begann 1999 eine umfassende Innen- und Außensanierung der Kirche, der die Feuchtigkeit im Hochtal massiv zugesetzt hatte.

Um mit der Zeit zu gehen erfolgte in den Jahren 1980-1982 der Umbau von Regentie und Mesnerhaus, um die Grundlagen für ein Bildungshaus zu schaffen, das von 1982 bis 2023 von den MC-Schwestern geleitet und betreut wurde. Der Kostenvoranschlag von 24 Millionen Schillingen, noch mehr die Endsumme der Kosten von 50 Millionen Schillingen, zeigen die Dimension dieser notwendigen Maßnahmen, die im Wesentlichen vom Land Salzburg, dem Bund, der Diözese Salzburg und den Herz-Jesu-Missionaren getragen wurden. Eine große Spende kam von der Edith-Haberland-Wagner-Stiftung in München (Augustinerbräu) für die Renovierung der fast 1200 Votivtafeln, die nach Maria Zell die zweitgrößte Sammlung dieser Art in Österreich darstellen – ein echtes „Bilderbuch der Dankbarkeit“, wie P. Karl Unger MSC es gerne nennt, der im Jahr 2000 die Leitung der Wallfahrt übernahm (bis 2018).

Mit Eröffnung des Bildungshauses war die Landwirtschaft bereits abgewickelt und Kirchental auf ausschließlich pastorale Arbeit umgestellt worden. Diese wurde nach der Renovierung – heute würde man sagen „proaktiv“ – intensiviert. Das bedeutete viel Medienarbeit (Gott sei Dank gab es Unterstützung durch ein Journalistenehepaar aus Lofer), auch um den Einzugsbereich der Wallfahrt wieder zu vergrößern. Kamen in früheren Zeiten die meisten Pilger aus den österreichischen Bundesländern, wurden nun verstärkt auch Pilger aus Bayern, v.a. dem Chiemgau angesprochen. Unterstützt wurde dies durch die Tatsache, dass ab 2001 die Straße nach Kirchental auch für Busse befahrbar war.
Für P. Unger hieß das im zarten Alter von 67, neben seiner zunehmenden pastoralen Tätigkeit in der Wallfahrt und bei Seelsorgsaushilfen in St. Martin, Weißbach und Lofer eine immer größer werdende Menge an eigentlich „fachfremden“ Aufgaben zu bewältigen: die finanzielle Verwaltung des Besinnungshauses und der anderen Objekte in Kirchental, die Erschließung des Schutzwaldes mit neuen Wegen, die auch den Landwirten in St. Martin zugutekamen (sie haben noch Holzrecht in Kirchental) und nicht zuletzt der Bau eines Lawinenschutzdammes gegen die Lawinen und Sturzbäche vom Vorderhorn. Dieser schützt sowohl Kirchental, insbesondere aber auch das Neubaugebiet in St. Martin – in dem auch die Nachkommen von Rudbert Schmuck wohnen, der die Wallfahrt im 16. Jhdt begründete, als er das Gnadenbild von St. Martin nach Kirchental trug. So schließt sich der Kreis der besonderen Beziehung der Familie Schmuck mit der Gottesmutter mit dem Stieglitz.
Am Ende hat sich all die Mühe gelohnt, um das, was im 16.Jdht begann und in den Jahren seit 1939 unter der Ägide der MSC weiterentwickelt wurde zu erhalten und die Basis für eine gute Zukunft zu schaffen: die viele Arbeit, die zahllosen Kontakte mit den verschiedenen Ämtern im Land und im Bund, manchmal zähe Verhandlungen, wobei P. Ungers ausgleichende Art ihm zu allen Verhandlungspartnern einen „guten Draht“ ermöglichte. Für all das bekam er die Ehrenurkunde der Gemeinde St. Martin und eine Einladung ins österreichische Fernsehen. Das hatte in der Sendung „9 Plätze, 9 Schätze“ Kirchental zum schönsten Platz im Bundesland Salzburg gekürt, zur Preisverleihung in Wien war auch P. Unger geladen. Vermutlich seine schwierigste Aufgabe im Dienst für Kirchental.
Kirchental ist nicht nur ein wunderschöner Ort, er hat sich auch immer eine eigene spirituelle und menschliche, herzliche Atmosphäre bewahrt. Wir hoffen sehr, dass dies fortgeführt wird durch die Mitglieder der „Oase des Friedens“, die zum September 2024 Kirchental übernommen haben, nachdem unsere Präsenz in Maria Kirchental zum Leidwesen aller dem Nachwuchsmangel zum Opfer gefallen ist.
